Gestern nachmittag ging ich ins Zimmer des großen Sohnes, der nun mit 12 schon viel mehr jugendlich als Kind ist. Zumindest tagsüber. Sein Zimmer war ein Bombeneinschlag und naja, das kenne ich ja und ich weiß auch, dass ich daran wenig ändern kann. Was mich aber ärgerte war, dass die Wäsche, die ich zusammengelegt auf seinen Schreibtischsessel gelegt hatte, von dort offensichtlich auf sein Bett geflogen war, wobei einige Kleidungsstücke das Bett verfehlt hatten. Auf dem Schreibtisch türmten sich Pringles- und Coladosen und es sah aus, als wäre er auf der Flucht gewesen beim Verlassen des Zimmers. Es ärgerte mich, dass er nur noch ein- und ausging wie es ihm passte, dass er keine Zeit hatte für so Kleinigkeiten, wie die Klamotten in den Schrank zu räumen. Dass er überhaupt so wenig Zeit hat für IRGENDWAS anderes als Zocken und mit den Freunden auf Handys zu starren.
Ich konnte mich herrlich selbst in Rage wüten. Je mehr ich darüber nachdachte, umso wütender wurde ich und am liebsten hätte ich ihn herbestellt und zusammengefaltet, so wie ich mal seine Wäsche zusammengefaltet hatte. Dabei hatte ich nämlich auch keine Freude und es macht halt nicht immer alles nur Freude im Leben. Hui konnte ich toben. Innerlich, versteht sich.
Ich beschloss, das am Abend mit ihm zu besprechen, das funktioniert am besten. Denn ich kenne mittlerweile seine Reaktion auf mein Zetern. Genervtes “Jahaaaaaaa” und Tür zu. Wie so ein Teenager. Dabei hat er bis dahin noch ein paar Monate Zeit. Sein Gehirn scheinbar nicht. Selbst der Gedanke an sein genervtes “Jahaaaaa” konnte mich aufregen. Naja, alles konnte mich in dem Moment aufregen. Auch eine ins Gesicht hängende Haarsträhne oder die Stimme der Nachbarin auf dem Balkon gegenüber. Alles.
Abends orderte ich die Kids zum Essen herbei. Und als der Sohn hereinkam, war all meine Wut weg. Und mitten beim Essen sagte ich ihm dann ganz ruhig, dass es mich grantig macht, wenn er seine Klamotten einfach durchs Zimmer schmeißt, wenn ich die zusammengelegt da hingelegt habe. Er nickte und sagte “Ok.” Am Abend waren die Klamotten verschwunden im Schrank. Als ich später abends zu ihm ins Zimmer ging um “Gute Nacht” zu sagen, deutete ich auf die herumliegenden Socken. Ich sagte: “Du, wenn du die in den Wäschekorb bringst, wär das super. Weil dann hast auch echt gute Chancen, dass die mal mitgewaschen werden und du die wieder anziehen kannst.” Der Sohn grinste und nickte. “Guter Punkt” sagte er. Und zwei Minuten später landeten die Socken im Wäschekorb.
Im Bad sah es auch nach jedem Duschgang von ihm immer bisschen aus wie Schiffbruch. Seine dreckigen Klamotten am Boden, darüber das nasse Handtuch, der Duschvorhang nass in die Ecke geschoben. Also sagte ich irgendwann (mehrmals wohlbemerkt), dass es cool wäre, wenn er das wegräumen und den Duschvorhang gerade ziehen würde, weil der sonst schimmelt. Leuchtete ihm ein. Irgendwann kam ich ins Bad nachdem er geduscht hatte. Alle Klamotten weg, Handtuch am Haken. Ich ging zu ihm: “Hey, du hast alles Sachen weggeräumt im Bad. Yeah, Danke!!” Er nickte. Ich fügte vorsichtig hinzu: “Wenn du jetzt noch das mit dem Duschvorhang hinkriegst, dann wär das perfekt.” Daumen hoch von ihm, er konnte ja nicht schon wieder von seinem Handy aufschauen. Nach dem nächsten Mal Duschen hing auch der Duschvorhang gerade.
Ich weiß, dass sie viele Dinge, wie das mit dem Duschvorhang erst lernen müssen. Aber sie lernen das nicht, wenn wir ihnen das genervt um die Ohren fetzen. Alles, was sie dann hören, ist Gezeter und da machen sie ihre Ohren dicht. Das können Kinder in dem Alter ja erstaunlich gut. Ohne Kopfhörer. Einfach “Mutter ausschalten bitte” und schon hören die einen nicht mehr. Ich wünschte ja manchmal das würde umgekehrt auch funktionieren. Naja und natürlich flippe ich auch mal aus, aber wie gut ich damit ankomme, merke ich dann eben auch gleich. Die Energie kann ich mir auch sparen.
Mit dem Sohn kann ich jedenfalls abends am besten reden. Da sind keine Freunde im Weg, da ist das Handy aus. Da ist er zugänglich und versteht auch, was ich ihm sagen will. Ich meine ich will ihn ja auch nicht nerven rund um die Uhr, aber wenn ich genervt bin dauernd, fetzt das halt auch nicht. Das versteht er auch gut und vieles funktioniert dann auch besser. Nicht sofort. Nicht immer. Aber immer öfter. Und wir haben es dennoch lustig miteinander. Und er erzählt mir, was ihn beschäftigt. Und in Wahrheit ist das ja viel wichtiger, als dass er immer seine Socken wegräumt.