Der heißeste Tag der Woche war angesagt und natürlich würde ich den lieber im Dunkeln oder im Bett verbringen, als da draußen. Aber erstens habe ich beschlossen heuer nicht über den Sommer zu schimpfen, weil der sich eh nicht vermeiden lässt und außerdem haben die Kinder Ferien und ich möchte eine schöne Zeit haben mit ihnen. Also kriechen wir alle gegen 9Uhr aus unseren Betten und schauen uns mal müde an.
Der große Sohn will erst nicht mitkommen ins Freibad. Klar, mit seinen Freunden vor der Playstation zu hocken klingt verlockender als mit den Geschwistern im Freibad zu hängen. Aber ich merke, dass er wankt und nutze den Moment. Er fragt einen seiner Freunde und der hat tatsächlich Lust mitzukommen. Die Kinder frühstücken, ich überlege, was wir brauchen und laufe wie ein Huhn durch die Wohnung. Das ist es, was ich an sogenannten Ausflügen nicht mag – ich habe das Gefühl so viel Zeug zu brauchen, darf nichts vergessen, schon gar nicht das Essen.
Aber um 11Uhr kommen wir los und radeln zum Stadionbad. Durch den Prater mit dem Strom an Menschen, die scheinbar alle da hinwollen. Stimmt aber nicht, es radeln morgens immer so viele Menschen da entlang und so manches Mensch muss ja doch auch arbeiten gehen. Mir fällt bei dem Gedanken nicht mal auf, dass es längst nicht mehr morgens ist.
Es ist noch erstaunlich wenig los im Bad, wir suchen uns einen Platz im Schatten und kommen mal an. Das heißt wir beginnen die Essensvorräte zu plündern, nebenbei will ein Kind den Rücken eingeschmiert haben, das nächste ist schon in Gedanken im Schwimmbecken. Ich würde gern erst mal in Ruhe… Aber egal. Also alles eingeschmiert an Haut, was heute sichtbar ist und auf zum Nichtschwimmerbecken. Der kleine Sohn will schwimmen lernen, der große zieht mit seinem Freund von dannen und die Tochter taucht sich durchs Becken. Ich sitze am Rand, denn mit meiner Naht nach meiner Muttermalentfernung darf ich nicht komplett unter Wasser. Also stelle ich mich hin und wieder zur Abkühlung unter die kalte Dusche.
Den Kindern wird kalt, dann haben sie Hunger. Sie wollen Eis und ich muss aufs Klo. Der Geräuschpegel im Bad steigt. Als ich am Planschbecken vorbeigehe, lächle ich müde, erleichtert, dass ich hier nicht mehr in 15cm seichtem Wasser meine Beine steifstehen muss. Stattdessen ziehen wir weiter zum Restaurant und kaufen Eis, holen frisches Wasser und spazieren zurück zum Liegeplatz. Von den Großen keine Spur. Das Kartenspiel, das wir obligatorisch dabei haben, zücken wir für eine Partie, dann will wieder irgendwer ins Wasser und überhaupt ist es heiß und Abkühlung klingt gut. Der Sohn will jetzt richtig schwimmen lernen und ich bin begeistert und motiviere ihn vom Rand. Er schafft ein paar Züge, immer mehr und immer weiter bewegt er sich fort. Die Tochter taucht und jubelt, wie weit sie unter Wasser kommt und ich weiß nicht wem ich zuerst zujubeln soll. Ich werfe Ringe ins Becken, die sie hochtauchen wollen. Außerdem muss ich aufs Klo und spüre, dass die Sonne die erste Lage Sonnencreme allmählich auflöst. Der Sohn experimentiert weiter mit der Wunderwelt der Physik. Will er schwimmen, geht er unter, will er den Reifen hochtauchen, kommt er nicht in die Tiefe und wenn er es schafft, streckt er sich und jubelt. Wo sind eigentlich die Großen, denke ich immer wieder. Wissend, dass sie groß genug sind und sicher nur rutschen und springen irgendwo. Aber trotzdem, mein Blick schweift. Der Tochter wird kalt und der Jüngste ist erledigt vom Tauchen. Wir wandern zurück zum Liegeplatz. Die Wasserflasche ist ausgelaufen und aufs Klo muss ich auch. Der Große taucht irgendwann auf und will Eis. Ich schicke ihn mit Geld in der Hand los und zum ersten Mal kann ich kurz liegen und den Blick durch die Baumkrone nach oben richten. Gen Himmel, der blau und strahlend und brechend heiß hindurch winkt. Der Sommer. Auch er geht vorüber und ich schließe kurz die Augen.
Dann wollen alle wieder ins Wasser und wir fangen das Spiel von vorn an. Ich gehe duschen, der Sohn schwimmt. Die Tochter taucht. Neben mir taucht eine Mutter mit drei Kindern auf, zwei von denen tragen Schwimmflügel, eines schwimmt scheinbar grad erst selbst und man sieht das in ihrem Blick und ihrer Haltung. Ich fühle sie sehr und denke mir, dass niemand weiß, was Mütter da leisten, die es nicht selbst schon mal durchgemacht haben. Dann beginne ich die Mütter zu zählen und die Väter und komme auf ein Verhältnis von 3 Väter bei 10 Müttern. Und ich atme tief durch, blicke auf die große Uhr und weiß, dass es Zeit wird zu gehen.
Wir schütteln die Handtücher und Decken aus, ziehen uns an und begeben uns auf den langen, gepflasterten Weg vom Bad zum Ausgang. Er fühlt sich an wie die letzte Etappe einer Wüstenreise, die Kinder werden mit jedem Schritt langsamer. Aber irgendwann schaffen wir es und erreichen die Räder wie müde Kamele die Oase.
Am Abend liege ich erschöpft auf dem Balkon. Ich telefoniere mit meiner längsten und ältesten Freundin, deren Kinder alle bereits jugendlich sind. Dennoch klingt sie vom Alltag so geschafft wie ich, wir lachen zusammen und ich nicke sehr viel, als sie erzählt. Es tut gut zu wissen, dass es nicht nur mir so geht. Dass es anders wird, besser wird und doch immer viel sein wird. Dieses Leben mit Kindern.