Tag 25 – Samstag :: auf Pilgerreise

Im Juni haben ich begonnen jeden Tag wieder Morgenseiten zu schreiben. Okay, manchmal habe ich sie nachmittags oder abends geschrieben. Aber ich habe drei Seiten Hirngefasel aufs Papier ergossen. Meine Gedanken aus meinem Kopf befreit.

Und dann habe ich wieder aufgehört. So ist das immer. ich fange etwas (wieder) an. Mache es regelmässig. Und höre dann wieder auf. Weil irgendwas dazwischenkommt. Weil… Weil Baum. Heute Morgen habe ich wieder zu meinem Notizbuch gegriffen. Mit Kaffee am Balkon habe ich es mir gemütlich gemacht und mich mal wieder meinen Morgenseiten hingegeben. Aber es lief nicht so, wie ich es mir gewünscht hatte. Denn mitten im Schreiben stellte ich fest: Ich bin ur grantig auf mich. Ich kann mich selbst nicht mehr hören. Ich kann mich selbst nicht mehr lesen. Oder kann ich mich selbst nicht mehr schreiben? Wie nennt man das, wenn man seine Gedanken schreibt und die eigentlich selbst nicht mehr ertragen kann? Und ich fragte mich weiter schreibend, was dahinter steckte.

Das war ganz interessant. Was ich aber besonders spannend fand war, dass es dieses alt gewohnte Gefühl war. Mich nicht leiden zu können. Das Gefühl, das ich viele Jahre in mir trug und was auch heute noch präsent ist. Nicht immer. Aber immer wieder. Das ist schon spannend. Da arbeitet man so viel an sich und kennt das Grundproblem: Mangel an Selbstliebe. Und erarbeitet sich diese Liebe. Erkämpft sie sich und wandert wie auf einer Pilgerreise darauf zu. Aber so eine Reise ist eben keine geradlinige und sei führt nicht einfach so zum Ziel. Schon gar nicht, wenn es unterwegs immer wieder gewittert und stürmt. Wenn einem immer wieder die alten Wetterlagen um die Ohren fetzen. Denn: Unser Bewusstsein mag das, was altbekannt und gewohnt ist. Es mag Neues nicht. Weil Neues Energieaufwand erfordert. Also greift es vor allem in Situationen, die sowieso schon energieraubend sind, auf eben alte Muster zurück. Nicht immer schön. Selten sogar.

Also heute die Erkenntnis, dass ich derzeit wieder in einer Schleife stecke. Dass die Dinge nicht so laufen, wie ich mir das vorstelle. Mal wieder. Dass ich mich deshalb, weil ich selbst ganz allein Schuld daran bin, weil ich sie nicht zum Laufen bringe, einfach nicht leiden kann. Tja, das ist die Krux an der Selbstliebe. Sie ist leicht zu finden, wenn es sonnig ist. Aber wir wollen sie ja auch erleben, wenn es stürmt und wütet draußen. Im Grunde geht es genau darum, uns auch an diesen düsteren Tagen so zu lieben und zu akzeptieren. Uns dennoch als Wunder zu sehen. Und liebevoll mit uns zu sein, auch wenn es nicht so rund läuft.

Ich nehme also heute die kleine Nadine in den Arm und sage ihr, dass sie okay ist, so wie sie ist. Denn das ist sie ja. Sie glaubt halt nur, dass sie erst etwas erreichen muss, bis die Selbstliebe auch bei Schlechtwetter Einzug hält. Stimmt aber nicht, es ist genau umgekehrt. Erst darf sie sich in allen Lebenslagen annehmen, so wie sie ist und lieb haben auch. Und dann wird sie vermutlich (ziemlich sicher sogar) das andere auch erreichen. Danke für die Erinnerung.

Und jetzt gönne ich mir noch einen gemütlichen Abend auf dem Balkon. Weil ich es verdient habe, dass es mir gut geht. Und du übrigens auch!

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